Villa Breitenberg, Kölliken
Auftraggeber: Ortsbürgergemeinde Kölliken
Planung/Realisierung: Wettbewerb 2018
Auftragsart: Wettbewerb
Ausgangslage (Wettbewerbsprogramm)
Die Villa Breitenegg der Industriellenfamilie Matter ist eng mit der Dorfgeschichte verknüpft. Bereits im 18. Jahrhundert begannen Matters mit der Textilproduktion in Kölliken. Damit gehörten sie fast 150 Jahre lang zu den wirtschaftlich prägendsten Elemente der Gemeinde. Mehrere Generationen der Industriellenfamilie Matter bewohnten die Villa. 2008 verkaufte die Erbengemeinschaft Matter die sehr zentral gelegene 13 – Zimmer – Villa und den weitläufigen Park an die Ortsbürgergemeinde. Die herrschaftliche Erscheinung der Villa kann nicht über den baulichen Zustand hinwegtäuschen. Eine Untersuchung hat ergeben, dass die bestehende Villa ohne sehr grosse Investitionen nicht erhalten werden kann. Somit wurde bereits ein Kredit für den Abbruch bewilligt. Aktuell ist der Kantonale Sozialdienst Mieter der Liegenschaft, sie wird als Unterkunft von Asylanten genutzt. Nun beabsichtigt die Ortsbürgergemeinde Kölliken auf dem zentral gelegenen Areal der Villa Breitenegg ca. 30 Wohnungen in Holzbauweise zu erstellen. Ziel des Studienauftrages ist es einen geeigneten Planer zu finden.
Analyse Bestand
Die Villa Breitenegg liegt im Zentrum Kölliken, im Schild, gebildet durch das Bahntrassée der SBB und der Hauptstrasse. Grosse Volumen, grösstenteils mit Ost-West Orientierung, wie das Altersheim, das Feuerwehrlokal, verschiedene Mehrfamilienhäuser, der Gasthof Bären und die Kirche prägen den städtebaulichen Kontext. Die historische Anlage lesen wir als Zäsur in diesem Gebiet, wobei vor allem die Parkanlage an der Hauptstrasse einen markanten Akzent setzt.
Städtebauliches Konzept
Das Areal der Villa Breitenegg wird durch einen Solitärbau - ein ehemaliges Bauernhaus - zweigeteilt; im Westen liegt der historische Park mit seinem geschützten Baumbestand; der Park hat einen repräsentativen Charakter und ist durch die grossmassstäbliche Figur der Wegführung geprägt. Im Osten liegt zwischen Haus und Bahntrassée der kleinteilige Garten mit Gemüsebeetes, Brunnen und Gärtnerhaus. Das Areal ist von der Bahnhofstrasse her erschlossen. Allseitig gefasst durch Hecken, Gartenmauer und Zaun wird die Anlage als kompaktes, klar strukturiertes Ensemble wahrgenommen. Die Nähe zum Bahnhof, die zentrale Lage im Dorf stehen für das Potential der Anlage. Ein Baukörper als Ost-West Typ an der Schnittstelle von historischem Park und Garten ersetzt die bestehende Villa. Als fünfgeschossiger Baukörper nimmt er Bezug auf die grösseren Bauvolumen in der Umgebung; er steht direkt am Park und nimmt damit Rücksicht auf das nördlich gelegene Mehrfamilienhaus. Gegen Osten profitieren alle Wohnungen von der unverbauten Weitsicht. Der 5 geschossige Baukörper steht direkt am Park und schliesst diesen als Formergänzung zum Baubestand ab. Ein miminaminvasiver Eingriff ermöglicht es die identitätsstiftenden Elemement im Osten und Westen zu erhalten. Gleichzeitig bleibt der Wurzelbereich des alten Baumbestandes möglichst unberührt. Die Erschliessung des Areals erfolgt weiterhin über den Bahnhofvorplatz. Zusätzlich wird der Park an drei Stellen punktuell geöffnet und ermöglicht eine öffentliche Querung des Areals. Die exklusive Lage direkt am Park ermöglicht „Wohnen am Park“ für alle Wohneinheiten. Das überhohe Erdgeschoss beinhaltet Hauszugänge sowohl direkt vom Garten als auch je einen Durchgang von der Parkseite direkt ins Treppenhaus. Die zwischen Gebäude und SBB gelegene Tiefgarage wird über die vorhandene Einfahrt der nördlichen Nachbarparzelle erschlossen. Optional kann die Tiefgarage auch über eine Rampe auf dem Areal erschlossen werden.
Architektonisches Konzept
Ein kompakter Baukörper mit fünf Geschossen, als zwei Dreibünder konzipert garantiert eine hohe Wirtschaftlichkeit. Die Wohnungen sind zur Hauptsache Ost-West Typen und gewährleisten eine optimale Belichtungssituation. Das Gebäude tritt ab dem Erdgeschoss als reiner Holzbau in Erscheinung; vier Primärträger in Längsrichtung garantieren optimale Spannweiten und eine direkte effiziente Lastabtragung. Materialsierungs- und Farbkonzept haben in diesem Bau einen engen Zusammenhang – der Farb- und Raumeindruck wird bestimmt durch die Präsenz von natürlichen, belassenen Oberflächen – vornehmlich in Holz. Sowohl im Aussen- als auch im Innenbereich schaffen unterschiedliche Holzoberflächen eine angenehme, natürliche und warme Atmosphäre. Die Rohbaustruktur in Holz, bestehend aus massiven Holzstützen und Durchlaufträgern ist auch gleichzeitig die fertige Oberfläche und soll auch nach Bauabschluss lesbar sein. Statisches Konzept: Die Decken bestehen aus Massivholz mit Überbeton im Verbund. Sie überspannen eine Länge von ca. 6.0 Meter. Vertikale Lasten werden auf vier Achsen mittels Unterzügen abgetragen. Der Stützenraster zieht sich grundsätzlich über alle Geschosse durch, einzig im Erdgeschoss sind Abfangträger bei den Veloabstellplätzen vorgesehen. Wandscheiben im Bereich der Kerne tragen horizontale Kräfte wie Wind und Erdbeben ab. Aussenraumkonzept Der wunderbare Park mit den prächtigen Bäumen ist von den bekannten Gebrüdern Mertens aus Zürich geplant worden. Ein Plan von 1912 zeigt, dass der Rundweg mit der markanten Baumbepflanzung Teil des ursprünglichen Parke sind. Die Aussenraumgestaltung setzt beim historischen Vorbild an. Der Park wieder Instand gesetzt, ergänzt und wo notwendig mit neuen Elementen erweitert. Damit der Park neu öffentlich zugänglich ist, werden drei Eingänge erstellt. Zudem werden Bänke, ein Brunnen und Spielgeräte installiert. Um die Privatsphäre dem Haus entlang zu gewähren, werden die für diesen Parkstil typischen Pflanzrabatten angelegt. Auf der Ostseite bleiben Pavillion, Brunnen und Rosskastanie erhalten und so weit notwendig restauriert. So entsteht hier ein lauschiger Gartenteil, der nur für die Bewohner zugänglich ist. Ein wichtiger Teil der gesamten Anlage sind die Einfassungsmauern und der Metallzaun mit der Sockelmauer. Sie müssen zwingend erhalten bleiben um das gesamte Areal zu fassen.
Flexibilität, Wandelbarkeit
Zwei Treppenhauskerne (Erdbebensicherheit) und vier Primärträger in Längsrichtung auf einem optimalen Stützenraster bilden die statische Grundstruktur. Die Deckenkonstruktion ist als Holz-Beton Verbunddecke konstruiert und erfüllt sowohl statische als auch die bauhysikalischen Anforderungen. Alle weiteren Wände sind nichttragend und haben lediglich raumtrennende Eigenschaften zum Teil verbunden mit der Erfüllung des Brandwiderstandes (Wohnungsrennwände) Ausgehend von dieser Grundstruktur und im Zusammenspiel mit den Steigzonen der Haustechnik sind vielfältige Layouts möglich. Als Beispiel ist im Erdgeschoss an Stelle von zwei Büros und zwei Wohnungen der Einbau einer Arztpraxis mit einer Nutzfläche von rund 300m2 dargestellt.
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